Literarisches

Tagebuch eines Schreiberlings – Das Eigenleben von Charaktären

Beim Schreiben von Kurzgeschichten sind die Personen sehr reduziert dargestellt. Alles passiert zeitnah und die Entwicklung steigert sich bis zum Höhepunkt der Geschichte.

Jeder Protagonist hat einen Konflikt auszutragen. Oft muss er dann in irgendeiner Form handeln, die gegen seine Vorstellung entspricht. Dieses Handeln verändert sein Handeln und denken. Dennoch ist das Ganze abgeschlossen.

Genau so bin ich in meine Romane gestartet.

Invenias Charakter entwickelt sich im Laufe des Buchs weiter. Kommissar Kammer auch. Interessanterweise passiert dies bei Hauptfiguren so, wie sich der Autor das vorstellt und sogar geplant hat. Sie sind eng mit der Story verknüpft.

Doch das Schreckliche sind die Nebenfiguren. Die tun einfach nicht was sie wollen!

In Invenias taucht ein römischer Soldat auf. Eigentlich sollte er nur eine Botenrolle übernehmen. Doch irgendwann verhielt er sich anders. Er wurde zum Gegenspieler einer weiteren Hauptfigur. Das war so nicht geplant und ich weiß nicht wirklich, wie sich es ergab.

Es war auf einmal da und ich musste damit umgehen. Es entstand aus einem Konflikt zwischen dem keltischen Schmied und dem Soldaten. Irgendetwas in der Vergangenheit verbindet die Beiden und Invenias versucht herauszubekommen, was es ist.

Das gleiche passierte mit der Polizistin DuPont in Kammers Fall. Gedacht als junge, unerfahrenen Polizistin, entwickelte die Figur plötzlich ein Eigenleben. Unternimmt Dinge auf eigene Faust.

Warum ist das so? Für einen Autor ist das eigentlich unmöglich. Doch es zeigt, das oft jede Planung eines Romanes nicht hilft. Für Kammer und Invnias gibt es einen Plot. Ich habe hier die klassischen Werkzeuge eingesetzt. Doch im Rahmen dieses entstehen Freiräume und Lücken die gefüllt werden müssen. Dies passiert bei mir durch „freies Schreiben“. Und hier verselbstständigen sich die Charaktäre.

Na und? Ist das schlimm? Ja ist es, denn diese Entwicklung bedeutet plötzlich, dass sich der Plot verändert. Der Autor muss ihn anpassen. Oder alles streichen um zurück zu kehren zur eigentlichen Idee.

Nebenpersonen in Romane stellen immer einen Aspekt der Hauptperson dar. Man zeigt Eigenschaften eines Hauptcharakters durch das Verhalten der Nebenrollen.

Kammer z.B. ist nicht besonders ehrgeizig. Er tut, was getan werden muss, vermeidet aber, mehr zu tun. Sein Gegenpart hierfür sollte eigentlich sein Chef Glockengießer sein. Doch der ist so mit sich selbst beschäftigt, dass er diese Rolle nicht übernahm. DuPont dagegen setzt alles daran um in das Team zu kommen. Sie zeigt durch ihr Verhalten, in dem sie sich sogar in Lebensgefahr begibt, warum Kammer diesen Ehrgeiz verabscheut.

Je länger eine Geschichte dauert um so schlimmer verhalten sich diese Nebenfiguren. Es ist die Aufgabe des Autors sie im Zaum zu halten.

Scheitern diesmal: Planung ist gut, aber nicht durchzuhalten, wenn sich plötzlich Kreativität des Gehirns des Autors bemächtigt. Plan verwerfen. Neu planen und dabei wissen, es verändert sich eh wieder alles.

Oder wie Stephen King einmal sagte: „Ein Handlungsschema ist die letzte Rettung des Schriftstellers und die erste Wahl des Einfaltspinsels.“